Erste Jugendkulturnacht vor dem aus?

Die erste Eisenacher Jugendkulturnacht steht vor dem aus, bevor sie richtig begonnen hat. Jugendliche aus dem Stadtmeeting und Jugendforum arbeiten seit Monaten an der Umsetzung des Events aber erhalten wenig Unterstützung aus der Verwaltung und ziehen erschöpft und zurecht enttäuscht Konsequenzen.
Mehr im offen Brief des Jugendforum – siehe unten.


Junge Menschen gestalten unsere Gesellschaft tagtäglich mit. Sie wollen Verantwortung übernehmen und tragen diese zum Beispiel in Jugendverbänden, Familie, Schule und Ausbildung. Sie haben vielfältige Interessen und starke Positionen zu gesellschaftlichen Themen. Als Expert*innen für ihre Lebenswelt steuern sie dafür entscheidende Perspektiven bei. Sie wollen nicht warten, bis sie vielleicht gefragt werden. Junge Menschen sind von den Entscheidungen in Politik und Verwaltung, in Bildungseinrichtungen, Betrieben und im Alltag betroffen – jetzt und später als Erwachsene. Sie haben deswegen ein Recht auf Beteiligung.

Als Expert*innen für ihre Lebenswelt steuern Jugendliche dafür entscheidende Perspektiven bei.

Wenn Politik und Verwaltung Jugendbeteiligung anregen, initiieren oder einsetzen, sind sie gefordert, ihr Motive und Rolle zu hinterfragen. Sie müssen dabei prüfen, ob dies im konkreten Fall im Interesse von jungen Menschen ist oder nicht vielmehr Eigeninitiative und Selbstorganisation erschwert oder gar verhindert. Motive wie die formale Pflichterfüllung, das Schaffen einer Unterstützung der eigenen Interessen oder – im weiteren Sinne – als Instrument der Öffentlichkeitsarbeit sind die falschen Motive. Wenn der Eindruck entsteht, Jugendbeteiligung fungiere als Aushängeschild, hat es kaum noch Chancen, die Interessen junger Menschen adäquat zu vertreten.

Bei der Neuschaffung von Beteiligungsstrukturen, -angeboten und -formaten sind gewachsene Strukturen, wie beispielsweise bestehende projektorientierte Beteiligung und insbesondere kommunale Jugendringe, besonders zu berücksichtigen und in den Prozess einzubinden; ebenso wie junge Menschen selbst. Bestehende Strukturen und Organisationen, besonders jene, die von jungen Menschen selbstorganisiert werden, dürfen durch neu zu schaffende Strukturen nicht in ihrer Förderung eingeschränkt werden. Vielmehr sollten sie es sein, die in ihren Initiativen für (noch) mehr gute Jugendbeteiligung durch die Kommune unterstützt und gefördert werden.

Position des Jugendring-Wartburgkreis

Offener Brief des Jugendforum vom 12.07.23.

Nacht der Jugendkultur: Über enttäuschte Erwartungen, einen reflektierten Umgang und eine Jugendkulturnacht, die aus ihrer Idee heraus nicht unpolitisch sein kann!

Die Nacht der Jugendkultur ist von Anfang an ein Projekt, das Jugendkultur und -Partizipation in Eisenach stärken soll. Die Idee der Jugendkulturnacht kam aus dem Stadtjugendmeeting 2019.
Kontinuierlich arbeitete das Jugendforum an dieser Idee weiter. Auf dem Stadtjugendmeeting 2022, zu dem alle Jugendlichen aus Eisenach herzlich eingeladen wurden, wurde der Beschluss gefällt, dass wir die Jugendkulturnacht 2023 umsetzen wollen.

Ganz im Sinne der Stärkung von Jugendlichen und ihren Interessen und Fähigkeiten lautete der Beschluss, dass die Jugendkulturnacht von Jugendlichen für Jugendliche organisiert werden sollte.

Natürlich ist es nicht einfach diesem Anspruch gerecht zu werden: Jugendliche lernen dazu, machen Fehler, brauchen in einigen Dingen Hilfe und Unterstützung durch Erwachsene usw. Deshalb haben wir von Anfang an auf die Hilfe der Stadt(-Verwaltung), der Jugendhäuser, jugendrelevanter Vereine und Organisationen gesetzt.
Auf dem Stadtjugendmeeting 2022 zu dem zahlreiche Akteure aus jugendrelevanten Vereinen, Verbänden, Einrichtungen und Trägern sowie Ansprechpersonen aus der Stadtverwaltung eingeladen wurden, erarbeiteten wir eine Liste mit denjenigen, die wir offiziell zu einem ersten Orga-Treffen einladen wollten. Einige sind ja auch gekommen: von Eisenacher Vereinen, eine Vertretung der Stadt bis hin zu Personen der Gastronomie und Jugendlichen vom Jugendforum.


Um unseren basisdemokratischen Anspruch zu erfüllen und möglichst niederschwellig allen Jugendlichen, die wollen, die Mitwirkung zu ermöglichen erfolgte zu jedem der weiteren Orga-Treffen eine offene Einladung über jugendrelevante soziale Medien an alle, die sich dadurch angesprochen fühlten. Das ist wichtig, da viele Jugendliche jeden Tag online sind und wir diese erreichen wollen.
Stets wurde deutlich gemacht, dass jede*r mitarbeiten kann und dass es gewünscht ist, dass sich die Orga-Gruppe möglichst breit aufstellt.

Uns ist es wichtig zu betonen, dass die Planungstreffen grundsätzlich für jede Organisation und jede Einzelperson offen sind. Lediglich Entscheidungen zur inhaltlichen Ausrichtung sollten, unserem Anspruch nach, alleine Jugendliche treffen. 

Seit unserem Beschluss im November 2022 kommunizierten wir offen nach außen, beispielsweise an die Stadtverwaltung, unsere Idee der Jugendkulturnacht auf dem Marktplatz sowie den vorgesehenen Termin, welcher der Samstag vor der Kinderkulturnacht sein sollte.
Aus, uns bis heute nicht zur Gänze nachvollziehbaren Gründen, bestanden seitens der Verwaltung große Einwände gegen den Terminvorschlag und Veranstaltungsort.

Nach längerer Diskussion mit der Stadtverwaltung und dem Nachgeben der Jugendlichen wurde ein neuer Termin nach den Sommerferien, der 09.09.2023 gefunden und als Ort die Wandelhalle bestimmt.

Wir gingen dann davon aus, organisatorische, strukturelle (und evtl. auch finanzielle) Unterstützung durch die Stadt zu erhalten. Ernüchtert mussten wir feststellen, dass wir uns hier die Unterstützung anders und größer vorgestellt haben. Nichts desto trotz organisierten und planten wir, erstellten ein präventives Sicherheitskonzept (inklusive Sicherheitsfirma, Ordner*innen, Awareness, Jugendschutz, etc.). Dies geschah fast ausschließlich ehrenamtlich und vor allem durch Jugendliche selbst. Da unsere wiederholten Bitten um Unterstützung, durch z.B. Teilnahme an den Orga-Treffen oder ähnlichem, immer wieder ins Leere liefen, fühlten wir uns zunehmend alleine gelassen.

Wir möchten die Jugendkultur in Eisenach stärken, Jugendliche und ihre Wünsche und Ideen in der Stadt sichtbar machen, einen Abend bzw. eine Nacht organisieren, um die Eisenacher Jugend in den Mittelpunkt zu stellen – das muss doch auch im Sinne der Stadt sein?

Trotz all dieser Bemühungen haben wir von vielen Vorbehalten gegen unser Vorhaben erfahren. Diese kommen von verschiedenen Seiten und wurden nicht direkt an das Jugendforum herangetragen oder direkt in der Orga-Runde thematisiert bzw. diskutiert.

Zum einen wurden Bedenken zwecks Sicherheit der Veranstaltung geäußert. Uns ist von Anfang an vollkommen bewusst gewesen, dass eine Veranstaltung entsprechend ihrer Größe und Art angemessen geschützt werden muss. Daher haben wir eine Security-Firma beauftragt, das Event abzusichern, verschiedene Ehrenamtliche mit Festival-Orga-Erfahrung an Bord geholt, uns dazu entschlossen alkoholische Getränke (Bier, Radler) erst ab einer bestimmten Zeit und an berechtigte Personen abzugeben, SanitäterInnen angefragt usw., um ein entsprechendes Sicherheitskonzept zu erstellen, das dann mit dem Ordnungsamt abgestimmt worden wäre. Angelehnt waren diese Überlegungen an die wesentlich größeren, in der Wandelhalle stattfindenden Partys von Spitz-Entertainment, die sich nicht nur in der Teilnehmer*innenzahl, sondern auch im Alkoholkonsum und im Motiv der Teilnahme stark von unserem Konzept unterscheiden.

Zum anderen fühlten sich Akteur*innen nicht ausreichend mit einbezogen. Wie unsere Ausführungen zu Beginn aber zeigen, haben wir alles uns mögliche getan, eine möglichst breit gefächerte Orga-Runde aufzustellen, damit es nicht nur eine Veranstaltung des Jugendforums wird, sondern eine der Eisenacher Jugendkultur. Dass das an manchen Stellen nicht richtig weitergetragen wurde, ist für uns nicht nachvollziehbar.

Von Anfang an wurden in großer Runde Kriterien aufgestellt, nach denen sich die Jugendkulturnacht ausrichten sollte.


1. Es sollte keine kommerzielle Veranstaltung werden.

2. Die Veranstaltung soll für alle interessierten Jugendlichen frei zugänglich sein und damit auch möglichst niederschwellig.

3. Jugendliche entscheiden! Erwachsene unterstützen! Die Jugendkulturnacht soll ein Angebot von Jugendlichen für Jugendliche sein.

4. Die Jugendkulturnacht soll die Jugendkultur in Eisenach fördern und sichtbar machen. Sie steht für Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit. Sie dient der Stärkung demokratischer Werte.

5. Sie macht die Wünsche, Interessen aber auch Kritik von Jugendlichen sichtbar und bietet Raum, sich inhaltlich zu jugendrelevanten Themen auszutauschen.

Damit ist die Jugendkulturnacht ganz klar ein jugendpolitisches Event.

Auch das wurde von Beginn an klar kommuniziert. Leider haben wir erfahren, dass es „Warnungen“ oder „Beschwerden“ darüber gibt, dass es sich bei der geplanten Jugendkulturnacht um ein zu politisches, gar “radikales” Event handeln würde. Wir möchten hier nochmal in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass Jugendkultur gerade dann, wenn sie Wünsche, Ideen und Forderungen von Jugendlichen vertritt, immer politisch und somit jugendpolitisch ist.
Wir verwehren uns des Vorwurfs, wir wären in irgendeine Richtung parteipolitisch aufgestellt. Dafür ist sowohl das Jugendforum, als auch die bisherige Orga-Gruppe viel zu heterogen und vielfältig, ebenso wie die geplanten inhaltlichen Angebote und die Ansprüche aller Beteiligten. Alle Jugendlichen, die wollten, hatten die Möglichkeit, Inhalte der Workshops, Akteur*innen die für Infostände einzuladen, und Musik-Acts usw. vorzuschlagen, solange diese mit den Grundwerten des Thüringer Landesprogramms „Denk bunt“ und des Bundesprogramms „Demokratie leben“ vereinbar sind, über welche die Veranstaltung finanziert worden wäre.

Das ist nur ein Teil der Probleme, mit denen wir uns aktuell in der Vorbereitung konfrontiert sehen. Finanziell war bisher die ganze Veranstaltung relativ gut abgesichert aber eben nur komplett aus begrenzten Eigenmitteln, bis zu dem Moment, in dem wir die Auflage erhalten haben für 3.500€ Bauzäune aufzustellen, um die Wandelhalle entsprechend abzusperren. Das hat den Finanzrahmen gesprengt und uns gezwungenermaßen Konsequenzen zu ziehen.

FAZIT: Die Jugendkulturnacht soll, weil sie von Jugendlichen für Jugendliche ist, auch ein Raum sein, in dem Fehler gemacht werden können und gemeinsam ein Umgang mit Fehlern gefunden wird. Wir haben uns, in Anbetracht unserer nicht erfüllten Erwartungen, wohl einfach übernommen und mit mehr Unterstützung für ein solches Vorhaben gerechnet. Das haben wir gemeinsam reflektiert und Konsequenzen gezogen. Wir werden die Jugendkulturnacht für den 09.09.23 als Kundgebung auf dem Marktplatz durchführen. Als jugendpolitische Kundgebung können wir einen Nachmittag/Abend auf die Ideen und Wünsche junger Menschen in Eisenach aufmerksam machen, einen Raum für ein paar wenige kreative Workshops und musikalische Beiträge, aber auf jeden Fall für alle geplanten Infostände bieten und gemeinsam einen Plan schmieden, wie wir das ganze für nächstes Jahr mit mehr Unterstützung und vielleicht sogar in Kooperation mit der Stadtverwaltung auf die Beine gestellt bekommen. Vielleicht werden wir mittels einer Kundgebung auch der jugendpolitischen Forderung nach mehr Raum und Sichtbarkeit für die vielfältigen Belange Eisenacher Jugendlichen gerecht. 

Wie geht jetzt konkret weiter?

Wir möchten allen beteiligten Akteuren, die bis jetzt mitorganisiert haben, herzlich danken und euch alle einladen, auf die Kundgebung zu kommen, die wir im Laufe der kommenden Woche (KW29) für den 09.09.23 anmelden werden.
Ihr werdet auch dort die Möglichkeit haben, euch und eure Angebote für Jugendliche vorzustellen, aber eben im kleineren Rahmen.
Ein letztes Orga-Treffen wird es am 09.08.23 um 17:00 Uhr geben (Treffpunkt: Vor dem Treffpunkt Demokratie – Lauchergasse 6-12).

Wir wünschen uns, dass möglichst viele Jugendliche, Vertreter*innen und jugendrelevante Akteure vorbeikommen, damit wir gemeinsam beweisen können, wie bunt und vielfältig die Eisenacher Jugendkultur ist!

Foto: sosogue / Unsplash (https://unsplash.com/de/lizenz

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